25
Jan
2005

US-Forscher: COX-2-inhibitoren wurden viel zu großzügig eingesetzt

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT ONLINE 24.01.2005

M E D I Z I N
US-Forscher: COX-2-Inhibitoren wurden viel zu großzügig eingesetzt


STANFORD. COX-2-Inhibitoren sind nach 1999 weit über die Grenzen der Therapieleitlinien hinaus verordnet worden. Nach einer Studie in den Archives of Internal Medicine entfielen in den USA sogar zwei Drittel aller Verordnungen auf Patienten, die kein oder nur ein gering erhöhtes Risiko von gastrointestinalen Blutungen hatten und für die deshalb andere Nicht-Steroidale Antiphlogistika (NSAID) geeignet gewesen wären. Dass stattdessen COX-2-Inhibitoren verordnet wurden, führen die Autoren auf die direkte Konsumentenwerbung durch den Hersteller und auf die Fehleinschätzung der Medikamentenwirkung durch die Ärzte zurück.

Niemand weiß, wie viele Menschen durch die Einnahme von Vioxx® zu Schaden oder gar zu Tode kamen. Nach einer jüngsten Schätzung des FDA-Mitarbeiters David Graham sollen es allein in den USA 89 000 bis 139 000 Patienten gewesen sein. Sicher scheint jedoch im Nachhinein, dass viele kardiale Komplikationen vermeidbar gewesen wären, wenn die Medikamente entsprechend den damals geltenden Leitlinien verordnet worden wären.

Als Vioxx 1999 in den USA eingeführt wurde, wurde es sogleich als “Super-Aspirin” vermarktet, obwohl es nicht stärker wirksam ist als Acetylsalicylsäure und andere NSAID. Der Vorteil bestand in einer besseren Magenverträglichkeit. Cox-2-Inhibitoren hemmen nicht die Aktivität des COX-1-Enzyms, das die Magenschleimhaut vor Blutungen schützt.

Randall Stafford von der kalifornischen Stanford Universität und Mitarbeiter glauben jedoch, dass viele Patienten und auch Ärzte der Überzeugung sind, dass ein neues Medikament immer besser wirkt als ein altes. Dieses Missverständnis werde möglicherweise dadurch verstärkt, dass viele Medikamente aufgrund von Studien zugelassen werden, in denen der Wirkstoff mit Placebo verglichen wird anstatt mit einem Standardmittel, in diesem Fall Acetylsalicylsäure (ASS) und viele andere NSAID.

Der zweite Grund für den schnellen Anstieg der Verordnungen von Vioxx, das sechsmal teurer ist als Ibuprofen und zehn bis 15 Mal teurer als ASS, sieht Stafford in der großzügigen Konsumentenwerbung, die sich der Hersteller von Vioxx allein im Jahr 2000 ungefähr 161 Millionen US-Dollar kosten ließ.

Die Folge: Obwohl in den USA viele Patienten ihre Medikamente selber zahlen müssen und Leitlinien damals einen zurückhaltenden Einsatz der COX-2-Inhibitoren forderten, wurden die Medikamente immer häufiger eingesetzt.

Eine Analyse der Verordnungszahlen aus den US-National Center for Health Statistics zeigt, dass 31 Prozent aller Verordnungen Patienten betraf, die ein sehr geringes gastrointestinales Blutungsrisiko hatten. Weitere 42 Prozent hatten ein niedriges Risiko. Für beide Patientengruppen sahen die Leitlinien eindeutig den Einsatz von NSAID vor. Erst bei einem “mittelmäßigem Risiko” könnten COX-2-Inhibitoren eingesetzt werden. In diese Kategorie entfielen 25 Prozent der Verordnungen. Nur zwei Prozent der Patienten, die mit COX-2-Inhibitoren behandelt wurden, hatten ein “hohes” Risiko, was den Einsatz von COX-2-Inhibitoren nach Einschätzung der damaligen Leitlinien notwendig machte. /rme

Links zum Thema

Archives of Internal Medicine
http://archinte.ama-assn.org/

Pressemitteilung des University of Chicago Medical Center
http://www.eurekalert.org/pub_releases/2005-01/uocm-ssd011905.php

Pressemitteilung des Stanford University Medical Center
http://www.eurekalert.org/pub_releases/2005-01/sumc-vwm012005.php

National Center for Health Statistics
http://www.cdc.gov/nchs/

© Deutscher Ärzte-Verlag

Arthritis-Medikament VIOXX unter schwerem Verdacht

derStandard.at | Wissenschaft | Mensch
25. Jänner 2005
02:00 MEZ
"The Lancet"



Arthritis-Medikament Vioxx unter schwerem Verdacht

Studie: Mittel könnte allein in den USA bei 88.000 bis 140.000 Menschen schwere Herz- und Kreislaufleiden ausgelöst haben
Bethesda - Das Arthritismedikament Vioxx könnte nach einer Hochrechnung der US-Gesundheitsbehörde FDA allein in den USA bei 88.000 bis 140.000 Menschen schwere Herz- und Kreislaufleiden ausgelöst haben. Die FDA-Studie stützt sich auf Daten von 1,4 Millionen Kaliforniern, die zwischen 1999 und September 2004 Vioxx oder einen vergleichbaren Cox-2-Hemmer gegen rheumatoide Arthritis und Schmerzen verschrieben bekommen hatten.

Sie erscheint in der Online-Ausgabe des Fachjournals "Lancet" vom Dienstag. Das US-Pharmaunternehmen Merck hatte Vioxx im September freiwillig aus dem Handel gezogen. In einer Langzeitstudie war zuvor eine Verdoppelung von Herzinfarkten und Schlaganfällen nachgewiesen worden.

Ungemütliche Zahlen vorgelegt

Der FDA-Untersuchung nach erhöhte Vioxx die Gefahr eines Herzleidens um 34 Prozent im Vergleich zu anderen anderen Cox-2-Hemmern. Im Vergleich zu Celebrex, einer häufig verschriebenen Alternative, lag das Risiko durch eine Standarddose Vioxx bei dem 1,6-fachen, bei besonders hohen Dosen trugen die Patienten sogar das 3,6-fache Risiko.

Aber auch andere, noch weitaus üblichere Wirkstoffe gegen Entzündungsschmerzen wie Naproxen, sollten nur mit Vorsicht eingenommen werden, warnen die Autoren der Studie. Naproxen birgt nach ihrer Erkenntnis ein um 14 Prozent erhöhtes Risiko, ein Problem mit Herz und Kreislauf zu bekommen. Von den 1,4 Millionen erfassten Kaliforniern, die von 1999 bis 2004 ihre Schmerzen medikamentös bekämpft hatten, griffen knapp eine Million zu Ibuprofen, 435.000 zu Naproxen, 40.000 zu Celebrex und 27.000 zu Vioxx.

Auch Celebrex nur eingeschränkt zu verschreiben

Nach Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll auch Celebrex nur noch eingeschränkt verschrieben werden. Es sei nicht mehr vertretbar, Patienten mit erhöhtem Risiko für Herzkreislauferkrankungen oder solchen Erkrankungen in der Vorgeschichte mit Celebrex zu behandeln, hatte das Institut im Dezember mit Blick auf eine andere Studie der US-Gesundheitsbehörden berichtet.(APA/dpa)
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